INFOLAB STWST 2017 – Der Filmclub


In der Entwicklungsgeschichte der Menschheit hatte die Information und das Wissen immer eine zentrale Postion. Die Stadtwerkstatt reagierte immer zeitnah auf Entwicklungen in ihrem kulturellen Umfeld. Im Augenblick sehen wir durch die maschinelle Informationsverarbeitung immer schlechtere Bedingungen für kreative Arbeit. Deshalb ist es an der Zeit sich mit der Rolle der Information in unserer Gesellschaft zu beschäftigen, um hier Lösungsvorschläge zu liefern. Es ist anzumerken, dass dieser Text rund um die verschiedensten Blickwickel auf die Informationstechnologie (IT) nur im künstlerischen Kontext zu betrachten ist und nur perönliche Ansicht des Authors wiedergibt.

Was ist Information? – Wie wird sie definert?

* Die Analyse von Information entwickelte sich vor über 150 Jahren aus der Thermodynamik. Die chaotische Verteilung von Gasteilchen in einem geschlossenen Raum definierte das Gegenteil von Information – Die Entropie

* Man braucht mehrere Parameter über die sich Information bilden kann - eine gebrochene Symmetrie in der etwas gleich aber nicht dasselbe ist und eine Referenzsystem über diese Erkenntnis.

* Information ist das Gegenteil von Chaos (negEntropie)

* Information verliert seine Bedeutung, wenn sie beim Empfänger angekommen ist.

* Information braucht eine zeitliche Komponente

* Information ist endlos kopierbar - es gibt kein Original

* Durch die Speicherung von Information kann Wissen entstehen

Die Evolution und die Information

Die Evolution brachte uns die Speicherung von Information in der Erbmasse. Aus der Natur entstand der Mensch als ein Wesen das selbst eine Technologie entwickelte, um diese Information maschinell zu verarbeiten. Hier sehen wir auch die Gefahren durch die aktuelle IT, die nicht in einem gesamtheitlichen Kontext gesehen wird. Das Leben auf unserem Planeten nutzt Information um sich weiter zu entwickeln. Es lohnt sich diese gewohnte Perspektive zu verlassen und die Evolution als Ergebnis einer sich entwickelnden Information zu betrachten. Dadurch wird der alleinige Motor unseres Universums die Information.

Die Informationentwicklung in der Natur bringt zum Glück auch einige Anomalien, die uns helfen verschiedene Blickwinkel einzunehmen. Dies sind beispielsweise die Pilze. Das Mycelium als Kommunikationsnetzwerk in Beziehungsfeldern zwischen tausenden von Geschlechtern. Mit künstlerischen Projekten forschten wir 2017 während unseres Artists in Resicence Programms auf dem Messchiff Eleonore.

Bei unserem jährlichen Festival Stwst48x3 zeigen wir von 7. - 9. September ein 24 Stunden langes Videoprogramm bei dem Vorträge und Dokumentationen zum Thema „Information“, „Digital Physics“ und „Mycelium Networking“ zu sehen sind. Unter anderem kann man dort erfahren warum eine Leberkässemmel mehr Information besitzt als ein 1000 seitiges Buch

Es geht um die Erhaltung unseres kreativen Arbeitsumfeldes - Ein historischer Ausflug.

Wir nannten es Medienkunst. Es war ein Kunstwort um gesamtheitliches Arbeiten mit verschiedensten Materialien zu beschreiben. Es waren die 80iger Jahre des vorigen Jahrhunderts als dieser Begriff sehr oft verwendet wurde. Die wilden 60iger und 70iger Jahre wollten in der bildenden Kunst nicht richtig greifen. Warhol, Beuys u.v.a. brachen zwar die verhärteten Strukturen des klassischen Kunstkontextes auf aber die Künstler (meist wirklich nur männliche) standen noch immer als Superhelden im Zentrum eines Kunstmarktes. Die Triebfeder der Medienkunst war die Angst vor dem Stillstand und der Rückfall in den klassisch verstaubten Kunstkontext. Dynamik, Veränderung und Bewegung war der Ausgangspunkt um mit künstlerischem Arbeiten neue Utopien zu beschreiben. Alles wurde zum Arbeitsmaterial und die Maschinen brachten diese dynamischen Voraussetzungen mit. Maschinenkunst wurde deshalb zum zentralen Element der Medienkunst. Es waren auch die elektronischen Geräte mit denen man leicht dynamische Bilder in statische Aufbauten integrieren konnte. In Folge waren es vor allem die digitalen Maschinen mit ihren Möglichkeiten Ereignisse in einen anderen Zeitkontext zu verschieben. Zeit- und Raumtransformationen brachten damit viele neue Perspektiven. Viele dieser elektronischen Bildmaschinen wurden aber auch im Film eingesetzt und wurden dort als Videokunst bezeichnet.

Der/Die KünstlerIn als LaborantIn im Experimentierfeld des Lebens wurde also in der Medienkunst selbst zur/m AkteurIn und zum Teil der Arbeit. Kunst kam nicht mehr vom Können sondern vom Nicht-Können, vom Lernen und auch vom Scheitern. Die Arbeitsräume waren Labore und nicht mehr Ateliers. Es waren digitale Systeme, die sich über Informationsaustausch vernetzten und dadurch sogar kurzfristig dezentrales Handeln ermöglichten. Es waren aber auch diese Systeme, die sich mit ihren digitalen Schichten vor unerlaubten Manipulationen schützten. Der/Die KünstlerIn wurde ausgeschlossen, verlor den Zugriff auf die unteren Schichten und dadurch auch die Kontrolle über das Arbeitsmaterial. Durch diese Schichtentechnologie funktionierten aber diese Systeme einwandfrei und auch spartenübergreifend. Das System begann sich dezentral zu organisieren und sammelte Information und klassifizierte diese über Algorythmen. Die Kunst wurde damit wieder schön geordnet in Genres eingeteilt und die Medienkunst obsolet.

Das Infolab der STWST:

Den KünstlerInnen, die weiter alle Materialien und Handlungen in Projekte mit einbeziehen wollten, blieb nichts anderes über, als den maschinellen Umgang mit Information von aussen zu betrachten und somit isoliert in Laboratorien zu arbeiten. Im aufkommenden Informationsnetz entwickelten sich aber neue Personengruppen, die sich aktiv mit der IT befassten. Diese organisierten sich in den Hacklabs (Hackerlabore) und Fablabs (Bastellabore). Das Erkennungmerkmal dieser technologischen Biotope war die Handlungsfreiheit, Zweckfreiheit oder auch die Sinnfreiheit (Mindless), die man dort vorfand. Diese Freiheiten ermöglichten viele neue Ideen begleitet durch unglaubliche Utopien. Die Personen, die in diesen Laboratorien arbeiteten, wollten nicht mehr in einem Kunstkontext stehen und finanzierten sich deshalb über Mitgliedsbeiträge. Die MedienkünstlerInnen hatten es einfach nicht geschafft die Themen der IT mit in ihre Arbeit einzubeziehen. Ein paar Jahre zuvor arbeitete noch jede/r MedienkünstlerIn mit einer/m TechnikerIn zusammen. Diese emanzipierten sich nun über diese neuen Labs. In der Kunst gab es zwar auch nach wie vor Laboratorien statt den Ateliers, jedoch wurden diese schnell durch die Verwendung von properitärer Software von Konzernen abhängig und verloren somit ihre Zweckfreiheit.

Ein weiterer Ansatz war die Natur als neues Arbeitsmaterial. Es entstanden die Biolabs. In manchen dieser Biolabs versuchten jedoch Laien mit dem Argument der künstlerischen Freiheit die Natur „kreativ“ um-zu-gestalten. Diesen Ansatz lehnen wir strikt ab.

Die Natur im Verhältnis zur Kunst ist auch für uns das wichtigste Arbeitsfeld. Wir beobachten die Natur und versuchen diese Erkenntnis dem Künstlichen (Kunst) gegenüber zu stellen. Wenn man die Information nun tatsächlich in Verbindung mit der Evolution stellt, dann wird im Moment durch die IT massiv in die Informationsentwicklung der Natur eingegriffen. Die IT fördert eine einseitige Informationsentwicklung. Informationen mit denen der Mensch einen Wissensvorsprung generiert und daraus nur einen kurzfristigen Vorteil hat. Wissen und Information werden zum Beiwerk einer Vermehrung des Kapitals.

Andere wichtige Formen der natürlichen Informationsverarbeitung werden durch die IT komplett vernachlässigt bzw. ignoriert. Dies sind Informationsformen ohne rationalen Nutzen. Die Traumwelten der Menschen die ein ausgeglichenes Bewusstsein schaffen oder auch die Kunst, über die wir neue Blickwinkel bekommen und Utopien generien können.

Aus dem Wunsch nach einem gesamtheitlichen Diskurs um die Enticklung der Information und ihrer Technologie entstand in Wien die Gruppe „Technopolitics“ und in Linz das Infolab der STWST.

Das Infolab der STWST sieht in der Entwickling der Informationsverarbeitung eine andere Gefahr für die humanoide Spezies. Unsere Welt wird mit fortschreitender Entwicklung der IT immer „kleiner“. Ereignisse werden über einen Algorythmus immer weiter in einen globalen Zusammenhang gestellt. Über diese Erkenntnis entsteht eine zweite, rational wahre, digitale Welt, in der jedes Ereignis in einem Bezug steht. Die Welt wird kausaler und die Entropie wird dadurch kleiner. Es wird alles logischer, nachvollziehbarer und verständlicher. Wenn wir als Individuen aber weiter in dieser Welt agieren wollen, dann sollten wir unseren Freien Willen schützen. Dieser Freie Wille ist vom Zufall abhängig, und der Zufall steht in direktem Zusammenhang mit der Entropie. In einer deterministischen Welt, die uns von den Algorythmen errechnet wird, kann es keinen Freien Willen mehr geben.

Aber da gibt’s aus einer anderen Ecke der Naturwissenschaften einen neuen Funken der Utopie. Parallel zur Informationstheorie enwickelte sich vor 100 Jahren die Quantentheorie. Und je öfter diese überprüft wird, desto mehr wird sie zur Gewissheit - unsere Realität ist nur die Oberfläche eines anderen Zustands. Man weiss zwar nicht was hinter all den Dingen steht, aber man weiss, dass die Wahrnehmung unseres Umfelds nur ein Übereinkommen zwischen den BetrachterInnen ist. Es gibt dadurch keine eindeutige Wahrheit oder Realität. Den Wunsch nach Wahrheit hatte anscheinend auch Einstein als er seine KollegInnen fragte, ob denn der Mond nicht da sei, wenn keiner hinsieht? Es ist an der Zeit, dass all unsere Naturgesetze einen neuen Bezungspunkt bekommen.

Also es kommen turbulente Zeiten auf uns zu, und dass in exponentiellem Tempo.

Also bitte – Der Videoclub: Take a drink, take a seat, fasten seat Bells und watch the movies

Und all das ist zu sehen im Filmclub des Infolabs im Servus Clubraum im ersten Stock der STWST, Kirchengasse 4, 4040 Linz.